Suizid-Prävention statt Sterbehilfe
Palliativmedizin am Universitätsklinikum Bonn (UKB) bietet ambulante Ethikberatung an
Auf dem Deutschen Ärztetag wird am 5. Mai über die künftige Verankerung der Sterbehilfe in der Berufsordnung diskutiert. Wie können Ärztinnen und Ärzte in Zukunft damit umgehen, wenn die Hilfe zur Selbsttötung erlaubt ist?
Jährlich sterben etwa 10.000 Menschen durch Suizid. Die meisten von ihnen befinden sich in einer Lebenskrise oder leiden an einer psychischen Erkrankung. Eine professionelle Beratung zur möglichen Lösung individueller Konflikte und Suizid-Prävention würde vermutlich vielen Suizidgefährdeten helfen. Gesellschaftlich und politisch wird aktuell jedoch mehr über Suizid-Assistenz als über Suizid-Prävention gesprochen. So geht es auf dem Deutschen Ärztetag im morgigen Programm u.a. um die Konsequenzen des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum § 217 StGB. Während Sterbehilfe in Deutschland strafrechtlich nicht mehr verboten ist, heißt es aktuell in der Berufsordnung vieler Landesärztekammern (auch der Ärztekammer Nordrhein) noch: „Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten“. Je nachdem, wie sich die morgige Diskussion entwickelt, könnte dieser Satz in Zukunft ersatzlos aus der Musterberufsordnung gestrichen werden. Welche Konsequenzen hätte das für Ärztinnen und Ärzte? Palliativmediziner befürchten, dass diese Entwicklung eine Verschiebung der ethischen Werte in der Gesellschaft bewirken könnte.
„Als Palliativmediziner habe ich täglich mit schwerstkranken Menschen und Sterbenden zu tun und kenne die Fälle, in denen Sterbehilfe als einziger Ausweg erscheint. Ein solcher Sterbewunsch muss gehört werden“, sagt Prof. Lukas Radbruch, Direktor der Klinik für Palliativmedizin am UKB. Es gebe aber enorme Fortschritte und zahlreiche Möglichkeiten der Palliativmedizin, die Betroffenen nicht immer ausreichend bekannt seien. Schmerzen, Luftnot oder Erstickungsgefühlen am Lebensende könne man heutzutage effektiv entgegenwirken und eine als würdelos empfundene Situation durch psychotherapeutische oder seelsorgerische Begleitung stark verbessern. Doch abseits von Entscheidungen bei z.B. schweren Krebserkrankungen, birgt die neue Rechtslage gerade während der Corona-Pandemie die Gefahr, dass komplexe Lebenssituationen und schwierige Abwägungen durch einen vermeintlich einfachen Ausweg gelöst werden.
„Mit dem nun geltenden Grundrecht auf Suizid bleibt zu befürchten, dass neue Gruppen dieses Recht in Anspruch nehmen werden, zum Beispiel junge Menschen, die eine akute Lebenskrise haben, oder alte Menschen, die ihre Angehörigen nicht belasten wollen und keine Perspektive mehr zum Weiterleben sehen“, so Prof. Lukas Radbruch. Der Palliativmediziner wünscht sich deswegen einen stärkeren Fokus auf die Suizid-Prävention und die Förderung von Beratungs- und Präventionsangeboten. Am Universitätsklinikum Bonn gibt es deswegen seit über einem Jahr neben dem Klinischen Ethikkomitee auch eine ambulante Ethikberatung in Kooperation mit dem Netzwerk Hospiz- und Palliativversorgung Bonn/Rhein-Sieg, an die sich Menschen in schwierigen Situationen oder mit Suizidwunsch wenden können.
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Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr über 400.000 Patienten*innen betreut, es sind über 8.000 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt über 1 Mrd. €. Neben den über 3000 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr über 500 junge Menschen in anderen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking auf Platz 1 unter den Universitätsklinika in NRW, weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf und hatte 2019 das wirtschaftlich erfolgreichste Jahresergebnis aller 35 deutschen UKs und die einzige positive Jahres-Bilanz der UKs in NRW.
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Viola Röser
Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Tel.: +49 (0) 228 287-10469
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